So ziemlich alles im Leben hat auch eine Kehrseite. Und gerade Freiwilligenarbeit ist ein viel diskutiertes Thema, an dem man auch einiges kritisieren kann – besonders der Volontourismus, also die Kombination von einem Volontariat mit einer Reise/Tourismus, ist in den letzten Jahren immer wieder in ein schlechtes Licht gerückt…

Es gibt jedoch auch viele Gründe, warum wir uns ehrenamtlich engagieren sollten! Wir möchten euch daher einige Informationen bereitstellen, damit ihr wisst, was wir vor einem Volontariat* beachten sollten und wie wir einen verantwortungsvollen und nachhaltigen Beitrag zur Gesellschaft leisten können.

6 typische Argumente gegen Volontariate und wie wir diesen entgegnen können

#1) Unethische Freiwilligen-Organisationen agieren rein aus Profitgründen

Immer wieder gibt es leider unschöne Fälle von Organisationen, die nur aus Gründen des Profits Volontariate anbieten. Warum manche Non-Profit Organisationen Geld von ihren freiwilligen Helfern verlangen, könnt ihr hier nachlesen. Es ist aber eben leider auch schon vorgekommen, dass diese korrupt sind, unethisch handeln oder zweifelhafte Arbeit verrichten. Das wollen wir natürlich nicht unterstützen.

Unser Tipp: Für welche Organisation auch immer du dich entscheidest – vor jedem Volontariat solltest du versuchen so viel wie möglich über diese Organisation herauszufinden. Du kannst checken ob es sich um einen eingetragenen gemeinnützigen Verein handelt (bzw. eine Non-Profit Organisation), du kannst recherchieren um herauszufinden ob die Arbeit Sinn macht, versuchen Bewertungen/Empfehlungen von anderen zu finden, am besten die Gründer oder das Team kennenlernen und auch fragen, wofür denn z.B. dein Geld eingesetzt wird. Und falls du bereits vor Ort bei der Organisation arbeitest und dir etwas sehr komisch vorkommt, dann trau dich auch dein Volontariat abzubrechen oder auch mitzuhelfen unethische Arbeit aufzudecken.

(c)Yannis H

#2) Der Staat / die Regierung tut nicht genug

Freiwillige übernehmen häufig Arbeiten, um die sich in einem guten sozialen System eigentlich der Staat / die Regierung kümmern sollte. Überall dort, wo Politiker nicht an bestimmten Themen interessiert sind oder keine Ressourcen vorhanden sind, müssen Freiwillige einspringen. Die Arbeit, die sie leisten, könnte jedoch auch in Form eines bezahlten Jobs von Fachleuten übernommen werden oder erst gar nicht notwendig sein (z. B. bei Umweltproblemen).

Unser Tipp: Wenn der Staat / die Regierung nicht genug tut, um ein gutes soziales System aufzustellen und/oder die Umwelt zu schützen, dann sollten wir dies einfordern! Politisch aktiv zu werden bedeutet nicht gleich, dass wir Demonstrationen organisieren müssen oder einer politischen Partei beitreten sollten. Kleine Beiträge können bereits sehr wirksam sein: du kannst deine Mitmenschen über Ungerechtigkeiten, fehlende Notwendigkeiten oder versteckte Probleme informieren und das Bewusstsein für diese Themen verbreiten. Dazu gehört auch, dass wir unser Recht auf Demokratie nutzen und Organisationen, welche die spezifischen Probleme bekämpfen, unterstützen.

(c)Leon Bublitz

#3) Volontariate gefährden potenzielle Jobs

Der vorherige Punkt führt auch gleich zum Nächsten: wenn die ehrenamtliche Arbeit eigentlich vom Staat bezahlt werden sollte und gegebenenfalls von Fachkräften übernommen werden könnte, dann besteht die Gefahr, dass Freiwillige der lokalen Bevölkerung potenzielle Arbeitsplätze wegnehmen. Zusätzlich sind Freiwillige oftmals nicht professionell in dem spezifischen Thema ausgebildet, was wiederum die Qualität der Arbeit beeinträchtigen kann. Außerdem sinkt bei den Organisationen die Bereitschaft Fachleute für eine Arbeit zu bezahlen, die Volontäre auch einfach kostenlos machen.

Unser Tipp: Überlege dir welche Arbeit von Fachleuten ausgeführt werden sollte und warum dafür die Ressourcen fehlen oder ob es sich vielleicht nur um eine Frage der (Zahlungs-)Bereitschaft der Organisation handelt. Wähle eine Organisation, die du unterstützen willst, immer mit Bedacht aus und frage dich, wie du am besten beitragen kannst. Manche deiner Kenntnisse und Fähigkeiten möchtest du dazu vorher vielleicht noch verbessern. Und schließlich sei vor allem auch offen für Tätigkeiten, die notwendig sind, aber die wahrscheinlich nicht von einer lokalen oder professionellen Person (gerne) gemacht werden würde.

(c) Jose Aljovin

#4) Freiwillige Arbeit aus Spaßgründen oder einem guten Lebenslauf

Freiwilligenarbeit kann wunderschön und sogar eine lebensverändernde Erfahrung sein. Manche verwechseln diesen Aspekt aber und erwarten sich hauptsächlich eine tolle Zeit und Spaß. Viele junge Leute haben (ganz verständlicher Weise) den Drang danach in exotische Länder zu reisen, viele andere junge Menschen kennenzulernen, mal Party zu machen, Neues auszuprobieren oder einfach nur die Natur zu genießen. Wenn man aber glaubt, dass Freiwilligenarbeit die beste Gelegenheit dafür ist und dabei den eigentlich Zweck von einem Volontariat vergisst, dann kann das auch leicht zu Problemen führen. Das bedeutet natürlich nicht, dass man als Freiwillige/r keine gute Zeit haben sollte (im Gegenteil, wahrscheinlich arbeitet man umso besser, je mehr Freude man dabei hat!). Aber die Absichten und Erwartungen sollten einfach andere sein. Es gibt auch Personen, die ein Volontariat rein für soziale Anerkennung machen oder weil es im Lebenslauf gut aussieht – so eine Herangehensweise ist natürlich auch nicht förderlich.

Unser Tipp: Bleib dir treu. Freiwilligenarbeit sollte aus einer rein intrinsischen Motivation heraus kommen: willst du einen Beitrag zur Gesellschaft leisten, dort helfen, wo du gebraucht wirst, geht es dir darum etwas zu bewirken, auch wenn es nur im Kleinen ist und glaubst du an die Vision & Ziele der Organisation bei der du dich engagierst? Wir sind optimistisch und denken, dass jeder von uns dieses „Streben nach einem tieferen Sinn“ in sich hat. Hat man genau diese Einstellung, dann akzeptiert man bei einem Volontariat auch Aufgaben, die keinen Spaß machen und man hält schwierige und frustrierende Momente besser aus. So wird man automatische viele positive Erlebnisse haben, denn man kann schließlich auch aus jedem Moment lernen und daraus wachsen.

(c) Louis Hansel

#5) (Ausländische) Volontäre verhalten sich nicht angemessen

Vor allem wenn Personen aus den oben genannten Gründen (Tourismus, Spaß etc.) ihren freiwilligen Einsatz im Ausland machen, entsteht natürlich auch die Gefahr, dass sie sich nicht angemessen in ihrem Umfeld verhalten. Nicht nur Missverständnisse, sondern auch Probleme können dann auftreten. Zum Beispiel kritisieren manche Volontäre die Arbeitsweise der Einheimischen (ohne sich selbst zu hinterfragen), denken ihre eigene Handlungs-/Denkweise wäre die (einzig) richtige oder benehmen sich respektlos.

Unser Tipp: Wenn du dein Volontariat im Ausland machen willst, dann bereite dich zumindest ein bisschen darauf vor – du kannst dazu gerne unseren Artikel über interkulturelle Kompetenz lesen. Und natürlich kannst du auch in deiner Heimatstadt einen freiwilligen Dienst leiten – auch in unseren deutschsprachigen Ländern gibt es genug soziale oder Umwelt-Organisationen, die immer eine helfende Hand gebrauchen können.

(c) Maciej Serafinowicz

#6) Volontariate von kurzer Dauer sind nicht nachhaltig

Wenn du nur sehr wenig freie Zeit zur Verfügung hast (z.B. einen kurzen Urlaub), dann ist es natürlich fraglich, ob ein Volontariat überhaupt Sinn macht. Es gibt viele Gründe warum ein kurzer Freiwilligendienst als wenig nachhaltig betrachtet wird und Organisationen oftmals eine Mindestdauer (z.B. von 1-3 Monaten) vorschreiben. Man muss schließlich bei jeglicher Arbeit erstmal Beziehungen aufbauen, sich an die Umgebung, die lokale Infrastruktur und Kultur anpassen, an die Arbeit gewöhnen und seine Fähigkeiten entwickeln. Natürlich ist es da besser, wenn man so viel Zeit wie möglich als Volontär verbringt – je länger man in die Arbeit eingebunden ist, desto besser wird man schließlich auch etwas beitragen können.

Unser Tipp: Wenn du nur ein kurzes Volontariat machen kannst, dann überlege und recherchiere gut bei welcher Organisation und bei welchen Tätigkeiten es Sinn machen würde, dass du mithilfst und wie du deine Zeit und dein Engagement am besten einsetzen könntest. Wir glauben, dass man jede Situation einzeln betrachten muss, sowie es sehr auf die jeweilige Person, Arbeit/Organisation und Rundum-Bedingungen ankommt: ein einzelner Freiwilliger, der für lange Zeit bleibt, könnte genauso Schaden anrichten bzw. Gutes tun wie z.B. drei Volontäre die nur kurze Zeit bleiben können. So lange du dich passend verhältst (siehe #5) und die Bedingungen angemessen sind dann nur zu! In so einem Fall leistest du als Freiwilliger (immer) einen guten Beitrag zur Gesellschaft!

(c) Perry Grone

Aber was ist denn eigentlich deine Meinung zu dem Thema? Schreib uns doch einen Kommentar dazu, wir freuen uns von dir zu hören!

 

*Wir wollen nochmal kurz erwähnen, dass es auf unserer Website stehts um Freiwilligendienst in Non Profit Organisationen (gemeinnützigen Vereinen), meist aus dem Sozial- oder Umweltbereich handelt (lies hier gerne mehr über unsere Kriterien). Wir beziehen uns nicht auf Volontariate in „normalen“ Hostels, Familien, Farmen, Firmen, etc., da diese nicht zu unserer Zielgruppe/Vision gehören.

 

Fotocredit: Natalie Pedigo